Liebe Leser,
ich glaube, vor einem Jahr habe ich auf meine Betrachtungen zum Jahresende verzichtet. Auf dem Höhepunkt der x-ten Corona-Welle waren die Aussichten für den Live-Musiker düster. Aber wir sind noch einmal davongekommen! Wobei ich keinesfalls Long-COVID- und sogar Todesfälle verharmlosen möchte, welche es auch derzeit immer noch gibt, auch in meinem näheren Bekanntenkreis. Also präziser: Es hätte für uns alle schlimmer kommen können.
War 2020 für uns Musiker katastrophal, so ging es ab Mitte 2021 bergauf und 2022 war schon fast wieder als erfolgreich zu bezeichnen. Schlecht sieht es allerdings noch für Tanzmusiker aus. Viele Vereine und tanzbegeisterte Gruppen haben ihre Mitglieder dauerhaft verloren und damit auch ihre Bälle und Galas. Im Oktober 2022 habe ich erstmalig nach fast drei Jahren wieder einmal mit dem TOP-Trio gespielt. Das war ein einziger Job – die allermeisten sind nach mehrmaliger Verschiebung inzwischen endgültig gecancelt. Mal sehen, was 2023 so geht. Über die bevorstehende Rückzahlung der Corona-Soforthilfe hatte ich schon an anderer Stelle in diesem Blog lamentiert.
Zwar habe ich es sehr genossen, mit dem großartigen Joe Bawelino durch die Republik zu touren, musste dabei aber feststellen, dass ich meine mir in Corona-Zeiten 2020 aufgebaute Patreon-Base 2022 sträflich vernachlässigt habe. Ordentlichen Content zu kreieren, insbesondere Videos zu produzieren, ist harte Arbeit und nicht schnell am Wochenende zwischen zwei Gigs zu erledigen. Ich habe eine kleine, aber sehr großzügige Fan-Base, die ich auch 2023 mit interessanten und hochwertigen Beiträgen verwöhnen will. Von daher ist bis zum Beginn der großen Bawelino & Brunner Tour 2023 eher Studio- und Schreibtischarbeit angesagt. Ich habe meine gesamten Fingerstyle-Arrangements – oh ja, das sind einige! – überarbeitet und werde sie jetzt sukzessive veröffentlichen, für meine Unterstützer auf Patreon natürlich ohne zusätzliche Kosten. Zudem möchte ich nochmals eine Solo-CD produzieren, wiederum (wie vor 10 Jahren) Jazzstandards akustisch eingespielt.
Noch ein Wort zu Facebook: Diente es zumindest meiner Generation (Boomer und so, die Jüngeren sind längst zu Instagram und TikTok abgewandert) über viele Jahre als Plattform, die zumindest in Sachen Design und Layout durch die engen Vorgaben für etwas Parität im Hochrüstungswettbewerb der Webpräsenzen sorgte, so hat es nun durch offensichtlich überarbeitete Algorithmen seinen Vorteil eingebüßt. Mir werden neue Beiträge von Freunden oder Gruppen/Organisationen/Firmen, denen ich folge, nicht mehr initiativ angezeigt, sondern nur irgendein Informations- und Unterhaltungsbrei, welcher mich angeblich interessiert, inklusive abgeschmackter Altherrenwitze! Die legendäre Gruppe „Jam of the week“, welche seit vielen Jahren immerhin 70.000+ Musiker mit dem Ziel vereinte, einmal wöchentlich ein kleines Video zu veröffentlichen, was viele der Mitglieder (mich inklusive) auch über Jahre getan haben, wird am 22.01.2023 aufgelöst, weil die bisherigen Mechanismen der Präsentation und Mitteilung an die Gruppenmitglieder nicht mehr funktionieren. Ich denke, Facebook möchte einfach die Sichtbarkeit seiner Mitglieder durch kostenpflichtige Werbemaßnahmen monetarisieren, wie es Google schon seit Jahren macht. Für mich ist die Konsequenz, dass ich mich zumindest mit meinen zwei Accounts „Gerhard Brunner“ und „Gige“ zunehmend aus Facebook zurückziehen werde und wie in den frühen Internetz-Zeiten meine ehrwürdige Domain gige.de regelmäßig aktualisieren werde. Ist ja auch nicht schwer zu merken, gell?
Bedanken möchte ich mich am Ende des Jahres bei allen Musikern, mit denen ich 2022 einige denkwürdige Gigs spielen durfte, namentlich Katja Heinrich, Kathrin Brunner, Ray Räbel samt den Spießgesellen Sebastian Wedel, Robert Steigleder und (in Vertretung des letztgenannten) Christian Ammon, Johannes Schmidt, Sven Heißler, Stephan Sädtler, Reinhold „Stubs“ Stubenrauch, Clemens Bröse samt den Mitgliedern von „Autumn Left“ Steven Webb und Dirk Lange, Oskar Schrems samt dem Rest des TOP-Trios Tanja Schrems und Joachim Rulffs und natürlich Big Papa Joe Bawelino. Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen! Auf dass wir auch 2023 die Bretter, welche die Welt bedeuten, gemeinsam unsicher machen und mit unserer Musik fluten mögen.
Der traditionelle Schlusssatz von Michael Ende muss dieses Mal weichen.
Bleibt mir gewogen! Euch allen einen guten Rutsch und ein frohes, friedliches und vor allem gesundes neues Jahr 2023!
Euer
Gige